Hilft Atogepant zur Vorbeugung von MigrÀne?

Aufnahme von jungem Mann mit KOpfschmerzen und einem Glas Wasser in der Hand

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Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Kopfschmerzattacken. Die Prophylaxe und Akutbehandlung sind von großer Bedeutung und entwickeln sich stets weiter. In einer aktuellen Studie wurde der Wirkstoff Atogepant auf seine Wirksamkeit zur Vorbeugung von MigrĂ€neepisoden geprĂŒft.

Aufnahme von jungem Mann mit KOpfschmerzen und einem Glas Wasser in der Hand

fizkes / iStock

MigrÀne

MigrĂ€ne ist eine chronische Erkrankung, die Betroffene komplett außer Gefecht setzt. Die wiederkehrenden KopfschmerzanfĂ€lle sind gepaart mit anderen Leiden wie Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit und GerĂ€uschempfindlichkeit. Die moderaten bis starken Schmerzen nehmen unter körperlicher Anstrengung zu. Etwa 15% der MigrĂ€nepatienten leiden unter MigrĂ€ne mit Aura. Dabei treten neurologische, meist visuelle, Symptome auf, welche zu einem sich ausbreitenden Flimmerskotom im Sichtfeld fĂŒhren. Die Aura tritt meist vor dem Anfall auf und kann 15 bis 60 Minuten andauern.

Der Krankheitsvorgang und Ursachen von MigrĂ€ne sind noch nicht komplett geklĂ€rt. Erbanlagen, Hormonhaushalt und bestimmte Auslöser wie Panik, Stress oder Wetterbedingungen können verursachende Faktoren sein. Die Verlaufsformen der Attacken unterscheidet man in episodische und chronische VerlĂ€ufe. Bei einem chronischen Verlauf hat der Patient an mehr als 15 Tagen pro Monat KopfschmerzanfĂ€lle und das ĂŒber mehr als drei Monate hinweg. Die KopfschmerzanfĂ€lle mĂŒssen außerdem den Kriterien der IHS-Klassifikation entsprechen, um als MigrĂ€ne zu gelten. Oft ist eine chronische MigrĂ€ne gepaart mit Depressionen oder einer Angsterkrankung. Diese können jedoch auch von einer Kopfschmerz-Akutmedikation begĂŒnstigt werden, weshalb man diese nicht hĂ€ufiger als an 10 Tagen pro Monat einnehmen sollte. Bei einer typischen MigrĂ€ne mit unauffĂ€lligem klinischem Befund ist keine weitere Diagnostik nötig.

In der Regel werden die Kopfschmerzattacken in der hausÀrztlichen Versorgung behandelt, weshalb es wichtig ist, dass dort sowohl Behandlung als auch Vorbeugung stattfinden. Die Therapie beabsichtigt, die HÀufigkeit, Dauer und Schwere der MigrÀneanfÀlle zu verringern.
Medikamentös wird mit oraler Medikation und mit Injektionen therapiert. Zum Injizieren wurden speziell CGPR-gerichtete monoklonale Antikörper entwickelt. Diese erwiesen sich als wirksam und vertrĂ€glich, Patienten ziehen in der Regel aber eine orale Therapie vor. FĂŒr die akute Behandlung werden Analgetika, Antiemetika und Triptane fĂŒr sehr schwere MigrĂ€neanfĂ€lle eingesetzt. Als Prophylaxe werden Betablocker, Flunarizin, Topiramat und CGRP-Antikörper verschrieben. Aufgrund mangelnder Wirksamkeit und/oder UnvertrĂ€glichkeit brechen jedoch ca. 75% der Patienten eine solche Behandlung ab.
Neben medikamentösen Behandlungen werden auch nicht-medikamentöse Therapien eingesetzt. Hierzu zĂ€hlen regelmĂ€ĂŸiger Ausdauersport, regelmĂ€ĂŸige Entspannungstechniken sowie ein regelmĂ€ĂŸiger Alltag und Lebensrhythmus.

Atogepant

Der oral einzunehmende Wirkstoff wurde erst vor Kurzem in den USA zugelassen. Die Dosierungen variieren und werden vom behandelnden Arzt festgelegt. In einer Phase-2b/ 3-Studie und in einer Phase-3 Studie (ADVANCE) wurde Atogepant im Zusammenhang mit MigrĂ€ne untersucht. Die Teilnehmer der Studien nahmen einmal tĂ€glich das Medikament ein, was bedeutend zur Verringerung der durchschnittlichen monatlichen MigrĂ€neanfĂ€lle beitrug. Dabei zeigte sich Atogepant als gut vertrĂ€glich und ohne Sicherheitsbedenken. Der Prozentsatz der Teilnehmer, die ĂŒber behandlungsbedingte Nebenwirkungen berichteten, war in allen Gruppen Ă€hnlich und bei den am hĂ€ufigsten gemeldeten Nebenwirkungen handelte es sich um Verstopfung und Übelkeit, verglichen 0,5% fĂŒr Verstopfung und 1,8% fĂŒr Übelkeit in der Placebo-Gruppe.

Arzt gibt Patienten eine Tablette in die Hand

thodonal / iStock

Studienmethode

In der im JAMA Network erschienenen SekundĂ€ranalyse wurden Daten der randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Phase-3-Studie ADVANCE, welche vom 14. Dezember 2018 bis zum 19. Juni 2020 durchgefĂŒhrt wurde, herangezogen. Der Anlass der sekundĂ€ren Analyse entstand aus dem Entschluss jĂŒngster Reviews und Stellungnahmen, dass sich die Behandlung der MigrĂ€ne auf die PrimĂ€rversorgung konzentrieren sollte. MigrĂ€nepatienten benötigen eine PrĂ€ventivbehandlung, die wirksam, gut vertrĂ€glich und migrĂ€ne-spezifisch ist. Das Ziel war, die Ansprechraten von MigrĂ€nepatienten auf Atogepant zu untersuchen. Gemessen wurden die Ergebnisse an den durchschnittlichen monatlichen MigrĂ€ne-Tagen und wie sich diese in der Anzahl verĂ€nderten.

Es nahmen 902 Erwachsene, die unter 4 bis 14 MigrĂ€neattacken im Monat leiden, teil. Diese wurden in folgende Gruppen unterteilt: drei Gruppen, die tĂ€glich 10, 30 oder 60 mg Atogepant einnahmen und eine Gruppe, die tĂ€glich ein PlaceboprĂ€parat einnahm. Die Probanden erhielten die tĂ€gliche Dosis in einem VerhĂ€ltnis von 1:1:1:1 ĂŒber einen Zeitraum von 12 Wochen. In jeder Dosierungsgruppe verringerte der Wirkstoff die durchschnittlichen monatlichen MigrĂ€ne-Tage.

Die Ansprechraten auf die Behandlung wurden anschließend analysiert und bewertet. Als Ansprechrate ist die Verringerung der durchschnittlichen monatlichen Tage, an denen Teilnehmer MigrĂ€neattacken haben, zu verstehen. Dabei wurde unterteilt in 25% oder mehr VerĂ€nderung der durchschnittlichen monatlichen Kopfschmerz-Tage, 50% oder mehr, 75% oder mehr und 100% Verringerung der Kopfschmerz-Tage im Monat.

Resultate

In der 10 mg-Gruppe (n = 214) verringerten sich bei 73,4% der Teilnehmer die durchschnittlichen monatlichen MigrÀne-Tage um 25% oder mehr. Bei 55.6% der Teilnehmer verringerten sich die durchschnittlichen Tage um 50%. 30,4% der Teilnehmer gaben eine Reduktion von 75% an und bei 7,9% der Teilnehmer verringerten sich die MigrÀne-Tage um 100%.

In der 30 mg-Gruppe (n = 223) reduzierten sich bei 77,1% der Probanden die monatlichen MigrÀne-Tage um 25%. Bei 58,7% der Teilnehmer trat eine Verringerung der Tage um 50% auf. 29,6% der Teilnehmer gaben eine Herabsetzung von 75% an und 4,9% der Probanden dokumentierten eine Herabsetzung der monatlichen MigrÀne-Tage um 100%.

In der 60 mg-Gruppe (n = 222) verkĂŒrzten sich bei 81,1% der Teilnehmer die durchschnittlichen monatlichen MigrĂ€ne-Tage um 25% oder mehr. Bei 50,8% der Teilnehmer reduzierten sich die durchschnittlichen Tage um 50%. 37,8% der Probanden hatten eine Verringerung von 75% und bei 7,7% der Teilnehmer verkĂŒrzten sich die MigrĂ€ne-Tage um 100%.

In der Placebo-Gruppe (n = 214) verringerten sich bei 58,9% der Probanden die monatlichen MigrĂ€ne-Tage um 25%. 29,0% der Teilnehmer gaben eine VerkĂŒrzung der Tage um 50% an. 10,7% der Teilnehmer berichteten eine Reduktion von 75% und bei 0,9% der Probanden sanken die monatlichen MigrĂ€ne-Tage um 100%.

Das Ansprechen auf eine orale Behandlung zeigte sich bereits in den ersten vier Wochen und nahm im Laufe der Zeit zu, was auf ein frĂŒhes und anhaltendes Ansprechen hindeutet. Diese Daten geben Hinweise darauf, dass eine 12-wöchiger Behandlungszeitraum von angemessener Dauer sein ist, um das Ansprechen auf das Medikament festzustellen. Höhere Dosen schienen die höchsten Ansprechraten zu erzielen. Dies kann Ärzten bei der individuellen Festlegung der Anfangsdosis als Orientierung dienen. Die Ansprechraten von Atogepant stimmten mit denen anderer MigrĂ€neprĂ€ventionsbehandlungen ĂŒberein. Die von den Patienten berichteten Ergebnisse zeigten, dass ein bedeutender Anteil der Teilnehmer angab, sich viel besser zu fĂŒhlen und mit der Behandlung zufrieden zu sein.

Die Responderraten wurden ĂŒber eine Reihe von Schwellenwerten und ZeitrĂ€umen hinweg analysiert, was die Erfassung unterschiedlicher Niveaus des Ansprechens auf die Behandlung zu verschiedenen Zeitpunkten ermöglichte. DarĂŒber hinaus begann die Nachbeobachtungszeit bereits in Woche 1, sodass der frĂŒheste Beginn der Wirksamkeit von Atogepant bewertet werden konnte. Das Risiko fĂŒr falsch-positive Ergebnisse ist als gering zu betrachten, da sich in den meisten Beobachtungen statistisch signifikante Unterschiede zeigten. Die Studie weist auch einige EinschrĂ€nkungen auf, darunter die Tatsache, dass es sich nur bei 50 % der Responderraten um ein vorab festgelegtes, auf α-Fehler kontrolliertes Ergebnis handelt.

Fazit

Atogepant erwies sich in allen untersuchten Dosierungen nach den ersten 4 Wochen der Behandlung als wirksames und vertrĂ€gliches Mittel zur MigrĂ€neprophylaxe und unterschied sich signifikant von den Ansprechraten des Placebos. Eine höhere Dosis ging mit mehr Probanden, bei denen sich die durchschnittlichen monatlichen MigrĂ€ne-Tage verkĂŒrzten, einher. Diese Erkenntnisse können bei der Festlegung der Einstiegsdosis in der Ă€rztlichen Behandlung erleichtern. Wann Atogepant in europĂ€ischen LĂ€ndern zugelassen wird, bleibt abzuwarten.

Im Artikel enthaltene Krankheiten

Redaktionelle GrundsÀtze

Alle fĂŒr den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprĂŒften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter UniversitĂ€ten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Olivia Malvani, BSc

Olivia Malvani, BSc
Autor

Als Studentin der ErnĂ€hrungswissenschaften verfasst sie Magazinartikel zu aktuellen medizinisch-pharmazeutischen Themen und verbindet diese mit ihrem persönlichen Interesse fĂŒr prĂ€ventive ErnĂ€hrung und Gesundheitsförderung.

Letztes Update

27.10.2022

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